
Berge und Schnee – Komplexe Zusammenhänge
Die Berge, diese scheinbar für immer beständigen Steinriesen scheinen für uns optisch auf den ersten Blick immer gleichbleibend – und doch verändern sie sich ständig. In diesem Blog geht es um Berge, und wie zentrale Aspekte ihrer Erscheinung in Fotografien übersetzt werden können. Gerne zeige ich euch einige Beispiele und gebe euch ein paar Tipps.


Als erstes Beispiel habe ich hier eine vergletscherte Bergspitze ausgesucht. Mein Ziel hier war, ein Foto zu kreieren, welches dieses Herausragen der Spitze aus seiner Umgebung zeigt und das Scharfkantige der Spitze betont. So habe ich auf einen Moment gewartet, in welchem der Nebel mit weichen Schwaden die Spitze umhüllt hat und irgendwann nur noch den Gipfel zeigte. In einer solchen Situation wartet man lange auf den richtigen Moment und wenn er plötzlich da ist, muss man bereit sein – Landschaftsfotografie kann also sehr reaktionär sein.
Tipp
Beobachte das Wetter damit du bereit bist, sobald eine interessante Szene entsteht. Es hilft dir auch in vielen anderen Situationen beim Fotografieren.


Anders als bei den ersten Bildern war hier der Fokus nicht auf dem Herausragen der Bergspitze, sondern den Abgrenzungen der Gesteins- und Eiskanten. Auf diese Art und Weise bilden sich hier Kontraste zwischen hell und dunkel. So grenzen sich grafisch Bildteile voneinander ab. Eine Kante aus der Frontal- oder Seitenansicht zu zeigen, ändert grundlegend auch Dynamiken im Bild.
Tipp
Achte bei Kanten genau darauf, wie sich diese Flächen abgrenzen oder wie entsprechend andere Bildteile miteinander ins Spiel gebracht werden. So können helle Teile beispielsweise die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und den anderen Bildteil in den Hintergrund bringen.


Eine ganz andere Sicht auf die Berge ist die Aufsicht. Feinste Strukturen entstehen durch die Schneeablagerungen und verändern sich stets über das Jahr. Hier geht es um die Materialität, die Erscheinung der Farben und Formen, die Fläche und das Loslösen vom Raum für den Betrachtenden. Formen und Farben kontrastieren sich gegenseitig und ermöglichen das Eintauchen ins Bild über die Oberfläche.
Tipp
Suche nach flächigen Landschaftsabschnitten – beispielsweise zugedeckte Gletscherflächen. Da sieht man besonders gut, wie sich Strukturen entwickeln und kann diese dann für die grafische Bildgestaltung einsetzen.


Kontexte zwischen Eis, Schnee und Felsen können bewusst eingesetzt werden, um nicht die Räumlichkeit aufzulösen, sondern Flächen und Räume voneinander zu trennen. Auf diese Art und Weise können verschiedene Texturen und Materialitäten in Kontrast zueinander treten. Das Spiel mit kurzen Zeitmomenten wie beispielsweise mit dem Einfrieren der Vögel ermöglicht die Gegenüberstellung von Vergänglichkeit und Beständigkeit.
Tipp
Schaue dich an deinem Standpunkt um. Wo ist der Horizont? Wie viele Schichten sind vor dem Horizont? Welcher Layer erscheint wie, und was zeichnet welchen Layer ganz besonders aus? Diese Eigenschaften gepaart mit den richtigen Lichtverhältnissen kannst du immer sehr gut einsetzen, um Dynamik zwischen den Bildteilen zu erzeugen.

Als letztes Bild hier eine Kombination aus vielen Aspekten. Drei wesentliche Bildteile grenzen sich voneinander ab und ermöglichen trotzdem den Übergang über verschiedene Phänomene. Von der linken Seite in den feinen Übergang ins Licht, und an der Bergkante über das Schneegestöber. So entsteht nochmals mehr Dynamik in dem Bild, dass sowieso schon stark von Licht und Schatten gezeichnet ist. In der Kombination vom bildlich weichen Anblick des Schneegestöbers mit den schroffen Erosionsstrukturen zeichnen sich neue Aspekte der Bergwelt heraus.
Tipp
Frage dich, was dir am wichtigsten an deinem Berg Foto ist. Welche Aspekte möchtest du dem Bildpublikum weitergeben? Wofür könntest du andere inspirieren oder genauer hinsehen lassen?
Durch solche Fragen findest du nicht nur heraus, was die Funktion von Bergbildern für dich ist, sondern auch deine fotografische Haltung.
Die Übersetzung der Berge ins Bild, wie ihr seht, kann sehr vielseitig sein. Wir können gewisse Aspekte und Themen herausheben, Fragmente in den Fokus stellen oder die Betrachtenden selbst ins Gesteins- und Eismaterial eintauchen lassen. Und schlussendlich gibt es noch ein Dazwischen, zwischen der Kamera und dem Berg – die Atmosphäre.

Profil:
Andri Laukas ist Künstler und Lehrer aus der Schweiz. Mit einer Vielfalt von künstlerischen Interventionen schafft er Dialogräume für unsere eigenen Erfahrungen der Welt. Oftmals verwendet er Irritationen, um die Betrachtenden auf neue Wege des Suchens zu schicken. Er gibt auch Workshops, beispielsweise in Landschaftsfotografie.
www.andrilaukas.com/
Instagram: https://www.instagram.com/andrilaukas/